Perspektiven

“Entleere deinen Geist” und “Werdet Vorübergehende”

“Entleere deinen Geist”, indem du die Kraft und Methode deiner Praxis benutzt, um das Gewahrsein dessen was du wirklich bist, ständig zu nähren und zu stärken. Benutze dein Mantra, dein Koan, dein Gebet, um dich dauernd daran zu “erinnern”, wer du in Wirklichkeit bist. Halte dieses Selbst-Gewahrsein dauernd aufrecht. Durch dieses nicht nachlassende Bemühen wird es mit der Zeit natürlich, sich nach der eigenen “Buddha-Natur”, dem eigenen” Selbst”, dem “Das bin ich” zu richten.


“Werdet Vorübergehende” ist ein Aufruf zum Nicht-Anhaften. Das bedeutet, nichts und niemanden in Besitz zu nehmen. Nicht-Anhaften ist niemals physisch gemeint, es bedeutet nicht, die Frau oder den Mann sitzen zu lassen, Familie, Freunde und Geld aufzugeben und in ein abgelegenes Kloster zu fliehen im Namen des Nicht-Anhaftens.

Man soll nicht Vorstellungen von Nicht-Anhaften verfallen, die einen von alle Mitmenschen entfremdet. Nicht-Anhaften bedeutet, überhaupt keiner Vorstellung anzuhaften, dazu gehören z.B. auch, alle Vorstellungen aufzugeben darüber, wie ein Ehemann, eine Ehefrau oder andere Menschen denken, sein oder handeln sollten oder könnten sowie die Vorstellungen, wie die eigenen Familie sein sollte oder hätte sein sollen oder hätte sein können. All dies gehört ins Land der Fantasie! In der Wirklichkeit gibt es nichts namens “Ehefrau” oder “Ehemann”.

Meister Krishnamacharya sagte:

“Denke immer daran, dass das, was du hast, nicht das ist, was du bist.”

Titel wie “Ehemann” und “Ehefrau” gehören in die materielle Welt. Sie bringen die üblichen mit dieser Welt verbundenen Gedankenspiele mit sich.

Sie sind Teil der Welt des “Habens”. Die Welt des “Seins” ist die Welt des Selbst. Aus dieser Es ist die Funktion von Körper und Geist, dem Selbst in dieser Realität zur Manifestation zu verhelfen. Wer dies versteht, versteht, warum wir “nicht das sind, was wir haben”.

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Gemäss der Yoga-Lehre von Patanjali führt das ehrliche Bemühen im Nicht-Anhaften zu Resultaten folgender Art:

• Das Begehren, Menschen und Dinge zu besitzen, wird ersetzt durch das Wissen, wie man mit Menschen und Dingen umgehen kann gemäss dem, ”was sie sind”, und nicht gemäss dem, was wir denken das sie “sein sollten”.

• Die Nützlichkeit eines Gegenstandes ist nicht länger persönlich geprägt. Sie liegt in seiner Funktion. Etwas nur um seiner selbst “haben zu wollen”, ist Anhaften.

• Es gibt kein Bedürfnis mehr, die eigene Zukunft zu kennen. Im eigenen Zentrum stehend und in seiner eigenen Natur ruhend, versteht man, dass Vorstellungen wie Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft nur in der Welt des “Habens” eine Bedeutung zukommt.

• Es gibt kein Bedürfnis mehr, anderer Leute Meinung über einen selbst zu kennen. Im eigenen Zentrum stehend und in seiner eigenen Natur ruhend, erkennt man, dass die Meinungen nicht mehr sind als Störungen im Äther, verursacht von einem gestörten Geist.

• Verantwortung wird weder gefürchtet noch begehrt. Im eigenen Zentrum stehend und in seiner eigenen Natur ruhend, alles überblickend, macht man sich keine Sorgen um die Früchte des eigenen Tuns. Verantwortung wird zum selbstloses Handeln. (Das kleine Selbst stellt sich in den Dienst des grossen Selbst.)

• Der Tod wird weder gefürchtet noch begehrt. Im eigenen Zentrum stehend und in seiner eigenen Natur ruhend, entdeckt man, dass man nie geboren wurde und deshalb nie sterben kann, und dass das, was geboren wurde, ganz sicher sterben wird.

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