Die Lehre vom Tao – Gemäß der klassischen Anleitung des indischen Yogi Patanjali ist Dhyāna einer der acht Schritte des höchsten Yogaweges; im Buddhismus ist es einer der acht Facetten des Erleuchtungsweges, und in China steht Ch’an für die Meditationsform, die aus der Begegnung des Buddhismus und des Taoismus entstanden ist.
Viele Leute meinen, die bekannten Wege von Yoga, Tai Chi Chuan, Chi Qung und Zen-Meditation seien separate Wege aus den Ländern Indien, China und Japan. Doch dem ist nicht so, denn sie stammen alle aus der gleichen Wurzel. Dies spiegelt sich nicht nur in der sprachlichen Verwandtschaft, sondern vielmehr noch in ihrer Methodik und in ihrem Ziel: Alle drei Wege streben nach der Aufhebung der gedanklichen Trennung von Körper und Geist und der mit dieser Aufhebung verbunden Erfahrung der Transzendenz. Alle drei betonen dabei die führende Rolle des Atems. Ob es um meditative Versenkung, meditative Körperübungen oder meditatives Tun im Alltag geht, es beginnt immer beim bewussten Atmen.
Die philosophische Terminologie und die verwendeten Sinnbilder und Symbole der jeweiligen Schule unterscheiden sich natürlich entsprechend ihrer Kultur, aber ihre Frucht hat nur einen Geschmack: der Geschmack von Freiheit, Freude und innerem Frieden. Wer ihn gekostet hat, hat keinen Platz mehr im Herzen für Intoleranz und Sektierertum.
In der Überlieferung präsentieren sich die drei Lehren in der Form von drei wunderschönen literarischen Perlen. Die dem Yoga zu Grunde liegende Weisheit ist in der Bhagavadgita konzentriert, Buddhas Weisheit im Dhammapada, die taoistische Weisheit im Tao Te King. Alle drei Werke finden auf wenigen Seiten Platz. Sollten sämtliche Bücher der Welt verloren gehen, der Erhalt dieser drei Bändchen, eventuell ergänzt durch die Yoga-Aphorismen von Patanjali, würden genügen, um das gesamte Weisheitsgut des Ostens zu bewahren.
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Im Zen kommen Yoga. Buddhismus und Taoismus zusammen. Für die Zenpraxis kann es sehr hilfreich sein, ein wenig von seiner dreifältige Wurzel zu verstehen. Deshalb ist diese Nummer der Dhyāna dem Taoismus gewidmet. Buddhismus und Yoga wurden bereits in vorhergehenden Nummern behandelt.
Die Lehre vom Tao ist vor allem von den zwei Meistern Lao-tzu und Chuang-tzu geprägt. Lao-tzu verdanken wir das Tao Te King. Da dieses das Zentrum des ganzen Taoismus ist, wird es auch in dieser Zeitschrift in der Mitte vorgestellt. Chuang-tzu brachte die Lehre vom Tao in den chinesischen Alltag.
Der Weg des Chuang-tzu stützt sich weitgehend auf Kommentare des Trappistenmönchs Thomas Merton, welcher sich jahrelang mit den Schriften von Chuang-tzu beschäftig hatte, weil er eine tiefe Seelenverwandtschaft damit verspürte. Das Tao des Atmens ist eine kleine Einführung in die taoistische Meditationstechnik. Taoismus und Zen-Buddhismus gibt einen allgemeinen Überblick über einige direkte Beziehungen zwischen Taoismus und Zen-Buddhismus.
Agetsu