Das Tao Te King, oder Daodejing, ist ein grundlegender Text der chinesischen Weisheitslehre vom Tao. Sein Verfasser Laotse gilt als der Begründer des Taoismus. Die Verbindung von Taoismus und der Buddhismus führte in China zur Bildung des Chan-Buddhismus aus welchem die Lehre und Praxis der Zen-Schule hervorgingen.
Der Titel
Tao/Dao ist das Prinzip der letztendlichen Wirklichkeit, der sich ständig wandelnden Realität. Im Buddhismus gebraucht man dafür Begriffe wie Dharma, Buddha-Natur, ursprünglicher Geist, Urnatur, das Absolute.
Das chinesische Schriftzeichen für Tao/Dao bedeutet Weg. Gemeint ist der Weg oder das Wirken der grossen Natur. Laotse definiert es als das, was nicht benannt werden kann. Der deutsche Sinologe Richard Wilhelm verwendete statt Tao den Begriff Sinn. (Mehr dazu unten.)
Te/De weist auf die Wirkung des Tao im menschlichen Leben hin und wird in der Regel als Tugend übersetzt. Wobei Tugend als heilsames und weises Verhalten in Übereinstimmung mit dem Tao verstanden wird. Dazu gehören Einfachheit, Demut und Harmonie mit der Grossen Natur. R. Wilhelm hat dafür das Wort Leben gewählt. Wahre Weisheit besteht darin, Te/De im täglichen Leben zu verwirklichen.
King/Jing bedeutet eine klassische Textsammlung in geschriebener Form. Diesen drei Schriftzeichen entsprechend findet man das Tao Te King auf Deutsch auch unter den Titeln Das Buch vom Weg und von der Tugend oder Das Buch vom Sinn und Leben.
Der Verfasser
Als Verfasser des To Te King gilt der legendäre chinesische Philosoph Laotse, der im 6. Jahrhundert v. u. Z. gelebt haben soll. Laotse bedeutet Der Alte.
Da die phonetische Umschreibung chinesischer Schriftzeichen unterschiedlich gehandhabt wird, wird der Name auch Laotzi, Lau-dsï, Lao-Tse, Lao-tzu oder Laudse geschrieben.
Es gibt nur wenige Informationen über das Leben von Laotse, aber etliche Legenden. Eine davon besagt, dass Laotse im fortgeschrittenen Alter den politischen Wirren jener Zeit entfliehen wollte und seine Heimat verliess.
An einem Grenzpass habe ihn ein Grenzbeamter erkannt und gebeten, ihm ein Zeugnis seiner Weisheit zu hinterlassen. Darauf habe Laotse das Tao Te King verfasst. Dann sei er nach Westen weiter gewandert, kein Mensch weiss wohin. Manche sagen, er sei in Indien gestorben.
Inhalt
Das Tao Te King besteht aus nur 81 Versen über das Leben und Handeln in Übereinstimmung mit dem Tao. Seine lebendige Auswirkung jedoch überdauert nun schon mehr als 2500 Jahre und beeinflusst noch heute Millionen von Menschen in aller Welt.
Die Essenz dieser tiefgründigen Aphorismen liegt in der Erkenntnis, dass alles Leben auf dieser Welt von zwei Aspekten der einen Wirklichkeit beeinflusst wird: dem absoluten, formlosen, kosmischen Prinzip und der relativen, sinnlichen Erlebniswelt der unterschiedlichen Einzelwesen.
Da das Tao Te King beide Aspekte in sich vereint, gehen sämtliche Gegensätzlichkeiten der Natur aus ihm hervor. Es bringt sie zur Entfaltung und löst sie wieder auf. Die häufigsten im Tao Te King angesprochenen Gegensätze sind: Sein/Nichtsein, Fülle/Leere, Himmel/Erde, Tun/Nicht-Tun bzw. Handeln/Nicht-Handeln, Einheit/Vielheit, Leben/Tod, ewig/vergänglich.
Ein weiser Mensch, im Text kurz «der Weise» genannt, lebt im Einklang mit den beiden Aspekten des Tao. Das heisst, er anerkennt und respektiert die Gegensätzlichkeit des Lebens, ohne darin verwickelt zu werden.
Deutsche Übersetzungen
Es liegt in der Natur der chinesischen Schriftzeichen, dass ihre Interpretation viele Schattierungen zulässt und nie ganz eindeutig ist. Deshalb wäre es falsch zu erwarten, dass das Tao Te King wortgetreu in irgendeine westliche Sprache übersetzt werden kann.
Im deutschsprachigen Raum gibt es sowohl im Buchhandel als auch online sehr viele unterschiedliche Fassungen des Tao Te King. Am bekanntesten ist die fundierte Übersetzung von Richard Wilhelm (1873-1930). Die meisten Autoren anderer Ausgaben bauen auf dessen Arbeit auf.
Richard Wilhelm lebte viele Jahre lang als Missionar und Pfarrer in China. Er beherrschte die chinesische Sprache in Wort und Schrift und entwickelte eine tiefe Zuneigung und ein grosses Verständnis für das chinesische Volk. Ausser dem Tao Te King machte er die westliche Welt mit vielen anderen klassischen Texten der chinesischen Literatur bekannt.
Nach seiner Rückkehr nach Deutschland im Jahre 1924 übernahm Wilhelm die Professur für Sinologie an der Universität Frankfurt. Gleichzeitig baute er das China-Institut auf, dessen erster Direktor er wurde.
PDFs zum kostenlosen Herunterladen
R. Wilhelm: https://www.projekt-gutenberg.org/laotse/taotekin/taotekin.html
Empfehlenswerte moderne Fassung von: Thomas Kalpa: https://www.keybylion.com/deutsch/tao-te-king-von-laotse
