Ist Meditation eine Flucht? – AWH, Tagesretreat April 2022
Manchmal, wenn eine Gruppe von Leuten gemeinsam in einem Raum meditiert, stellt sich eine starke Energie und intensive, fast körperlich spürbare Stille ein. Damit verbunden ist eine tiefe Freude. Eine Freude ohne Grund, ohne Aufhänger, ohne «weil».
Es ist vielleicht dieselbe Freude, die viele Menschen empfinden, wenn sie allein in der Natur wandern oder spazieren. Wenn die Sinne hellwach sind und jeden Pieps eines Vogels, jedes Geräusch, jede noch so kleine Bewegung im Gras, im Laub und in der Luft registrieren. Wenn jede Blume, jede Spinne in ihrem Netz oder der Flug eines Milans am weiten Himmel das Gemüt in Staunen versetzen. Vielleicht ist es dieselbe Festigkeit und Kraft die einen angesichts von Bergen zum Erzittern bringen und gleichzeitig ungemein zu stärken vermag.
Diese Art der Stille und die damit einhergehende Freude hat sich auch am Morgen des letzen Tagesretreats im Meditationsraum breitgemacht und ich weiss, dass manche der Anwesenden sie auch empfunden haben.
An jenem Morgen wurde mir in der Einzelbegegnung (Dokusan) eine grosse Frage gestellt:
«Ich sitze hier in Stille und bin grundlos glücklich. Gleichzeitig tobt draussen ein Krieg. Menschen leiden, sterben und sind auf der Flucht. Mache ich mir etwas vor? Ist das, was ich erlebe, bloss eine Flucht?»
Diese Frage wurde mir in der einen oder anderen Form schon oft gestellt. Und auch mich hat sie lange Jahre umgetrieben. Manchmal wurde sie wachgerufen durch eine oft gehörte Kritik von Nicht-Buddhisten mit dem Inhalt: «Ihr Buddhisten kümmert euch ja nur um euer eigenes Heil, ihr kehrt der Welt den Rücken und sagt, alles sei bloss eine Illusion.»
Ich denke, es ist wichtig und nötig, sich dieser Frage ernsthaft anzunehmen.
Nicht nur, weil sie gerade akut gestellt wurde, sondern auch, weil genau diese Frage Siddhartha Gautama zur Buddhaschaft erwachen liess.
Das alltägliche Elend
Lasst uns kurz rekapitulieren, was wir aus der Überlieferung über den Werdegang des Buddha wissen: Als Kind des lokalen Herrschers über den Shakya-Stamm wuchs Siddhartha behütet und mit allen Vorteilen eines Prinzen heran. Er hatte alles, was es brauchte, um der würdige Nachfolger seines Vaters zu werden. Das Ganze hatte nur einen Haken: Siddharta war sozusagen im königlichen Gefilde eingesperrt; sein Vater hatte es verboten, ihn mit der realen Welt zu konfrontieren.
Doch als er dieses Verbot nicht mehr akzeptieren wollte, liess er sich von seinem persönlichen Diener heimlich in die nahegelegene Stadt kutschieren. Da sah er auf den Strassen zum ersten Mal das pralle Leben in all seiner Vielfalt und all seinem Schrecken. Nie zuvor hatte er einen armen oder kranken oder sterbenden Menschen gesehen. Nie zuvor waren ihm hungernde, ausgemergelte zweibeinige und vierbeinige Wesen über den Weg gelaufen. Doch in den Strassen Indiens ist all dies offensichtlich und ungeschönt zu sehen. Auch heute noch.
Als der Prinz von seinem Fahrer erfuhr, dass Krankheit und Tod zum Leben gehören und, dass auch er, Siddhartha, eines Tages sterben werde, erfüllte ihn ein grosser Schmerz, absolute Verwirrung und Empörung. Er wollte und konnte dies nicht einfach so hinnehmen.
Das Glück mitten im Elend
Doch dann sah er auf einmal mitten im Getümmel einen Mann stehen, den Körper in ein einfaches Tuch gehüllt, mit einer Almosenschale in der Hand. Diese Gestalt strahlte eine derartige Ruhe und grossen Frieden aus, dass Siddharthas Gemüt selbst auf Distanz davon erfasst und in Erstaunen versetzt wurde. Der Fahrer erklärte ihm, dies sei ein heiliger Mensch, einer, der sich von allen weltlichen Leidenschaften gelöst und geistigen Frieden gefunden habe.
Da dachte Siddhartha, wenn dies möglich sei, dann wolle er dies auch erfahren und er beschloss, nicht zu ruhen, bis er das Nebeneinander von Leid und Glück in dieser Welt vollständig verstehen könne.
Das ist der Anfang des ganzen Buddha-Dharmas. Sämtliche Sutras, Lehrreden und Gesänge handeln nur von Buddhas Erkenntnis und deren Verwirklichung in Bezug auf diese eine Frage.
Doch bevor wir weiter in die Geschichte eintauchen, lasst uns zur ursprünglich gestellten Frage zurückkehren:
«Ich sitze hier in Stille und bin grundlos glücklich. Gleichzeitig tobt draussen ein Krieg. Menschen leiden, sterben und sind auf der Flucht. Mache ich mir etwas vor? Ist das, was ich erlebe, bloss eine Flucht?»
Ist das nicht eine Variation der Frage, die sich dem Buddha gestellt hat, als er mitten im Elend das Glück eines einzelnen Menschen sah?
Versuchen nicht auch wir, das allgegenwärtige Leid und den Schmerz der leidenden Menschen zu verstehen, während wir hier in Stille und Sicherheit sitzen?
Oder ist Meditation in der Stille bloss eine Flucht? Sind Freude und Frieden, die damit einhergehen, blosse Illusion? Täuschung? Wunschdenken? Selbstbetrug? Falscher Trost?
Um diese Frage zu beantworten, müssen wir dasselbe tun, was Siddhartha tat, nämlich aus eigener Betroffenheit, aus vollem Herzen und mit grosser Energie und ganzer Hingabe wünschen, diese Antwort zu finden.
Meditation
Siddhartha begann damit, damals bekannte Heilige, Lehrer und Yogis zu befragen. Sie alle vertraten mehr oder weniger ausgeprägt die Devise, dass sich geistiger Friede nur gewinnen lasse, wenn man auf alle weltlichen Vergnügungen und Freuden rigoros verzichte. Siddhartha folgte ihren entsprechenden Anweisungen mit unerschütterlichem Mut und Beharrlichkeit. Als sein Körper schliesslich nur noch aus Haut und Kochen bestand, sah er ein, dass er auf diesem Weg alles andere als Frieden fand. Er begann, wieder etwas zu essen und beschloss, einen ganz anderen Weg einzuschlagen.
Er setzte sich zur Meditation unter einen Baum und stellte seine Fragen nur noch an seinen eigenen Geist. Indem er tiefer und tiefer in sein Bewusstsein hineinschaute, wurde es still und stiller. Als schliesslich alle mentalen Aktivitäten zur Ruhe gekommen waren, vergass er sich selbst vollkommen und alles, was er «wusste».
Bis es woeweit war, durchwanderte Siddharthas Gemütn wohl viele verschiedene Zustände von Zweifel, Unsicherheit, Mutlosigkeit und Angst. Am Schluss kam sogar Mara, der grosse Verführer, der Gott des Todes und Unheils persönlich vorbei mit seinen schönen Töchtern und redete auf Siddhartha ein: «Schau dich an, was ist los mit dir? Du bist ein Prinz und hast alles, was du brauchst. Warum willst du das alles aufgeben? Du kannst alles haben, was Du willst. Stattdessen sitzt du hier und machst dir das Leben schwer.»
Doch Siddhartha liess sich nicht stören. Es war Mara, der schliesslich aufgab, und Siddharthas Geist konnte endlich in der Stille verweilen.
Die Augen aufmachen
Doch er blieb nicht in der Gedankenleere stecken. Nach einer geraumen Zeit machte er die Augen wieder auf. Da sah er die Welt, die sich seinen Sinnen offenbarte, mit ganz anderen Augen. Er sah das Wesen aller Dinge in seiner Ganzheit und Einheit. Er sah das Entstehen von Freude und Leid und die Auflösung von Freude und Leid in einem Blick. Denn er hatte erkannt, dass es sein eigener Geist war, der diese Welt erschafft. Mit anderen Worten: Der eine Geist, der jedem Lebewesen innewohnt, enthält die Schöpfungskraft, die in jedem Lebewesen die spezifische Welt erzeugt, die es für seine eigene hält.
Auf diese Weise wandelte sich die zweiäugige, dualistische Sicht des gewöhnlichen Menschen namens Siddhartha in die einäugige, allumfassende Sicht eines Buddha.
Später erklärte dieser Buddha, dass die Stille und Freude, die er in der langen Versenkung erlebte hatte und seither ununterbrochen bei all seinem Tun und Lassen in sich trug, die Wesensnatur des fundamentalen Geistes ist.
Dank Buddhas Erfahrung und seinem Geschick, diese Erfahrung zu vermitteln, können wir uns heute den Umweg über Askese, Religionsgläubigkeit und Weltverachtung ersparen und den direkten Weg der Selbsterkenntnis durch Meditation nutzen.
Ruhen in freudvoller Stille
Wenn wir hier im Zendo zusammensitzen, ist der Geist aller auf die Meditation ausgerichtet. Wir kümmern uns nicht um die trivialen Unterschiede unserer Persönlichkeiten. Jeder bringt seine Schwächen und Stärken mit sich, aber das spielt hier keine Rolle. Durch das gegenseitige Akzeptieren und Respektieren kann jede und jeder so sein, wie sie und er ist. Das ist eine enorme Entlastung von den üblichen Sorgen und Ängsten die man normalerweise innerhalb der auf Leistung orientierten menschlichen Gesellschaft empfindet und aufbaut.
Wenn man Gedanken wie «mache ich es richtig», «werde ich akzeptiert», «gefällt es mir», «gefällt es mir nicht» vollkommen ignoriert, und auch nicht im Kopf-Labyrinth spazieren geht, ist das Gemüt automatisch still. Und wenn man sich in diese Stille hinein entspannt – ohne wenn und aber – zeigt sich, dass Meditation weder etwas Anstrengendes noch Mysteriöses noch Heiliges ist. Es ist schlicht und einfach das Ruhen an dem «Ort», an dem es nichts mehr zu denken und zu tun gibt. Natürlich ist das kein physischer Ort irgendwo im Körper oder ausserhalb davon, dieses Wort wird hier nur in Ermangelung eines besseren benutzt.
Tatsache ist, dass es uns Menschen möglich ist, einen Geisteszustand zu erfahren, in dem nichts ist, was die Aufmerksamkeit an sich reisst. Es ist blosses Dasein, waches, stilles, Gewahrsein, ohne ein urteilendes Subjekt. In diesem Moment ist die ganze Welt, das ganze Universum, konzentriert vorhanden, aber ohne dass es jemanden gibt, der darüber nachdenkt.
Aus diesem passiven Geisteszustand heraus entstehen alle mentalen Phänomene – Gefühle, Gedanken, Bilder, Formen, Geräusche und sonstigen Wahrnehmungen – immer neu und spontan.Damitr antwortet das individuelle Bewusstsein auf die gegenwärtigen Impulse der Sinnesorgane, zu denen auch das Gehirn gehört.
Der erweiterte Blick
Echte Meditation öffnet also den Zugang zum grundsätzlich freudvollen Wesen, das dem ganzen Leben innewohnt. Vorausgesetzt, man verklebt den Zugang nicht mit Sorgen und Ängsten um das eigene Wohlbefinden oder mit Nörgelei und Kritik am Verhalten anderer.
Das bedeutet aber nicht, dass man die Widersprüchlichkeit, den Schmerz und das Leid unserer Welt nicht fühlt. Im Gegenteil, wenn man nicht bloss, in sich selbst gefangen, die Augen und das Herz verschliesst, ist man stets gewahr, dass Geburt und Tod, Freud und Leid in jedem einzelnen Augenblick überall und immerzu gleichzeitig stattfinden.
Ich möchte an dieser Stelle etwas zitieren, das ich dieser Tage im Editorial der Strassenzeitschrift Surprise gelesen habe. Diese wird von gewöhnlichen Leuten für gewöhnliche Leuten geschrieben, jedoch immer mit dem Blick auf das Ungleichgewicht, das zwischen reichen und armen, mächtigen und ohnmächtigen Gesellschaftsschichten herrscht.
Die Verfasserin des Artikels berichtete, dass Ende letzten Jahres zwei Journalisten in die Ukraine geschickt wurden mit dem Auftrag, genau hinzuschauen, was dort geschieht. Einer besuchte den westlichen Teil, der andere den östlichen. Nachdem sie die Berichte der beiden gelesen hatte, habe sie mit Schrecken realisiert, dass die ukrainisch-russische Bevölkerung ja schon seit acht Jahren im Krieg lebt. Und sie schreibt: «Hätte ich meinen Blick geweitet, wäre ich vom jetzigen Geschehen nicht so überrascht und hätte ein ganz anderes Verstehen dafür.»
«Hätte ich meinen Blick geweitet» und «hätte ich ein ganz anderes Verständnis» sind meines Erachtensdie entscheidenden Aussagen hier.
Sind nicht auch wir in der Meditation bemüht, unseren Blick zu weiten, um ein anderes Verständnis für die Dinge zu bekommen?
Gerade jetzt. Auch heute?
Können wir die Allgegenwart von Krieg – wo Menschen sind, gibt es immer irgendwo Krieg – Armut, Krankheit und Tod wirklich sehen? Und das nicht erst, wenn man sie vor der eigenen Haustüre sieht oder wenn die eigene Familie betroffen ist?
Verstehen wir, dass es nie nur einen Verursacher, nie nur eine «gerechte» Seite gibt? Ist es nicht so, dass wenn ich Partei ergreife für eine Seite, nicht sehen und nichts davon wissen kann oder will, dass die andere Seite ebenso leidet und ebenso gute Gründe hat, für das Überleben zu kämpfen?
Doch wenn man den Blick weitet, das eigene Denken nutzt, und das Herz für alle Lebewesen gleichermassen öffnet, dann kann man verstehen: Jeder heutige Krieg ist eine Fortsetzung eines gestrigen Krieges, eine Fortsetzung eines vorgestrigen Krieges, eine Fortsetzung … des immer währenden Krieges der Menschheit mit sich selbst.
Die Wurzeln aller Kriege
Siddhartha hatte sein eigenes geistiges Licht benutzt, um sein eigenes Bewusstsein zu beleuchten und entdeckte dadurch die grundlegenden Gesetzmässigkeiten der universalen Natur. Er erkannte, dass der fundamentale Geist, der alles Leben durchwebt, weder «gut» noch «schlecht», weder «schön» noch «hässlich» kennt. Diese Unterscheidungen kommen erst ins Spiel, wenn sich das menschliche Bewusstsein mit der dualistischen Welt von Ich und Du in Berührung kommt – ein Prozess, der meistens innerhalb der ersten 3-4 Lebensjahre beginnt.
Mit dem Einsetzen des Ich-Bewusstseins vollzieht sich eine erste Abtrennung vom universalen, ganzheitlichen Seinszustand, der einem Neugeborenen noch zu eigen ist. Wenn diese Abtrennung fortschreitet, was meistens der Fall ist, wird die Verbindung zum Ganzen schwächer und schwächer und wird schliesslich ganz vergessen.
Nun steht der Ich-Mensch als Individuum in der Welt und sieht sich in Konkurrenz mit jedem anderen Individuum. Fortan ist sein Wille allein darauf ausgerichtet, als Individuum zu bestehen und zu überleben. Sein Blick, das heisst sein Denken, ist total auf sich selbst bezogen. Und bleibt es in der Regel ein Leben lang. – Ergo: Konflikt, Eifersucht, Hass, Besitzergreifung, Ablehnung, auf der einen Seite und Sehnsucht nach Liebe, Akzeptanz, Erfolg, auf der anderen Seite.
Diese Spaltung ist die wahre Wurzel aller Kriege – im Kleinen wie im Grossen.
Die allumfassende Sicht
Der Buddha erkannte, dass Krieg und Leiden nicht aus der Menschenwelt zu schaffen sind, weil ihre Ursachen in uns selber liegen. Nämlich in der Vergiftung unseres Denkens und Handelns durch Gier, Hass und Unwissenheit. Wobei Unwissenheit hier die Unkenntnis der wahren Grundlage allen Lebens bedeutet, des Lebens, das eben gerade nicht aus Gier, Hass und Unwissenheit besteht.
Er erkannte aber auch, dass der fundamentale Geist nicht aus der Welt zu schaffen ist – der Geist der schöpferischen Freude und Energie – weil er nicht von den Verzerrungen der menschlichen Sicht betroffen ist.
Aus dieser Perspektive sind Entstehen und Vergehen, Geburt und Tod nicht zwei verschiedene Dinge, von denen das eine gut und das andere schlecht ist.
Man kann die Früchte der Erde durch Unachtsamkeit und Unwissenheit verderben und vernichten, nicht aber die Kraft der Erde selbst. Und deshalb sagte der Buddha, dass jeder Mensch in sich die Potenz hat, die ganzheitliche Sicht zu realisieren und seine Irrtümer und Fehlhaltungen zu erkennen und zu überwinden.
Wenn der menschliche Geist in der Lage ist, zu dieser Freude und Klarsicht durchzudringen, dann ist das ein Geschenk der wahrhaftigen Realität. Ein Geschenk, das eine Verantwortung mit sich bringt.
Verantwortung
Die Wirklichkeit ist nicht auf unsere Meditation angewiesen, sie zeigt sich in jedem Augenblick und überall. Man muss sie nur sehen. Es gibt unendlich viele Berichte von Menschen, die mitten in einem grossen Leiden, im Todeskampf oder in einer vollkommen ausweglosen Notsituation plötzlich von einem grossen unerklärlichen Frieden umfangen wurden, in dem alles seine Richtigkeit hatte und in Ordnung war, so, wie es war.
Menschen, die diese Erfahrung machen und überleben, stehen von da an völlig anders im Alltag. Das Glück und das Leiden anderer ist Teil ihrer selbst und ihr eigenes Glück und Leiden ist Teil des Ganzen. Folglich sind sie durchdrungen vom Wunsch, ihr eigenes Gut – sei es geistiger oder materieller Art – zum Wohl aller Mitlebewesen einzusetzen.
Das ist es, was man im Buddhismus echtes Mitgefühl (Karuna, Metta) nennt. Es ist das Mitgefühl, das sich nur in Verbindung mit Weisheit und Klarsicht offenbaren kann.
Wenn wir meditieren und uns um Verstehen und Selbsterkenntnis bemühen, sollten wir dies nicht nur für uns selber tun. Denn unsere innere Haltung, unsere Gemütsverfassung, strahlt immer in alle Richtungen aus. Wir stehen nicht allein und unabhängig in der Welt. Wir sind Teil des Ganzen und somit mitverantwortlich für das Glück und Elend aller Lebewesen auf dieser Welt. So wie der Buddha sagte:
«Alles geschieht unter der Führung des Geistes, hat den Geist zur Grundlage, wird vom Geist hervorgebracht. Wer mit unlauterem (hasserfülltem) Geist spricht oder handelt, den verfolgt das Unglück auf Schritt und Tritt, so wie das Wagenrad dem Fuss des Zugochsen folgt.
Alles geschieht unter der Führung des Geistes, hat den Geist zur Grundlage, wird vom Geist hervorgebracht. Wer mit lauterem (klarem) Geist spricht oder handelt, dem folgt das Glück wie ein Schatten, der einem niemals von der Seite weicht.»
– Dhammapada
Dies ist die Basis und die Quintessenz vom Bodhisattva-Gebet: Mögen alle Lebewesen glücklich sein.
Zusammenfassung
Schauen wir noch einmal die ursprüngliche Frage an, die Anlass zu diesem Dharmavortrag gab:
Ist Meditation in der Stille bloss eine Flucht? Sind Freude und Frieden, die damit einhergehen, blosse Illusion? Täuschung? Wunschdenken? Selbstbetrug? Falscher Trost?
Wenn du in wahrhaftiger Stille ruhst, wenn sich deine Sicht weitet und dein Herz öffnet, dann weisst du selber, dass echte Meditation keine Nabelschau ist, keine Verneinung, keine Beschönigung, sondern ein Erwachen und Erkennen der wahrhaftigen Realität. Du hörst nicht auf, den Schmerz der Welt zu spüren, aber du wirsd davon nicht übermannt. Du machst dich selbst nicht zum Opfer oder Spielball der herrschenden Umstände und folgst nicht blind den lautesten Stimmen in der Kakophonie der Meinungen.
Wenn du jedoch sitzt mit dem Gedanken an Erfolg oder Misserfolg oder über die böse Welt nachdenkst, dann ist es weder echte Meditation noch eine Flucht, sondern reine Träumerei.