Rechter Lebensunterhalt

Was ist Rechter Lebensunterhalt?
Kein Waffenhandel
Kein Menschenhandel
Kein Fleischhandel
Kein Gifthandel
Kein Drogenhandel

Was ist Rechter Lebensunterhalt?

Rechter Lebensunterhalt – Einer könnte zu Recht fragen: «Würde irgendjemand, der selbst direkt in eine der oben genannten Tätigkeiten verwickelt ist, ein Buch lesen mit einem Titel wie dieses hier?» «Vermutlich nicht», müsste der Andere wohl antworten. Doch dann könnte der Eine den Anderen fragen: «Könnte es sein, dass auch jemand, der dieses Buch liest, den Handel mit den oben genannten Gütern begünstigt und unterstützt, allein durch irgendeine seiner täglichen Beschäftigungen wie Hobby, Berufsarbeit und der allgemeinen Befriedigung von Gelüsten?» Was würde der Eine darauf antworten? Könnte er eindeutig und zweifelsfrei die eigene Beteiligung in einem dieser Bereiche ausschliessen?

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Handel ist eine Transaktion. Es braucht zwei Parteien, um eine Transaktion zu vollziehen. Zum Beispiel: Man steht auf der einen Seite des Ladentisches einer Metzgerei und der Metzger steht auf der anderen Seite. Er reicht einem das eingepackte Stück Fleisch über den Ladentisch und man gibt ihm den Gegenwert dafür in Bargeld. Das ist eine Transaktion. Das ist Fleischhandel. Ein anderes Beispiel: Man stellt jemanden ein, der einem die Wohnung putzt, zahlt aber nichts in die Rentenkasse ein für diese Person. Das ist Ausbeutung eines menschlichen Wesens. Das ist Menschenhandel.

«Moment mal,», könnte der Eineeinwenden, «wenn ich nicht wäre, würde die Putzperson nicht einmal den Hungerlohn haben, den ich ihr gebe. Sie würde noch schlechter dran sein.» Worauf der Andere sagen könnte: «Das stimmt. Aber ist das nicht eine sehr passende Definition für Ausbeutung?» Gibt es jemanden, der davon profitiert, wenn man einem anderen Lebewesen etwas unrechtmässig vorenthält?

Aber die Ausbeutung von Tieren und Menschen kann viel subtiler sein in diesen Zeiten der Globalisierung. Unsere Läden sind voller Produkte, die in fremden Ländern hergestellt werden. In vielen Fällen — das ist gut dokumentiert — geschieht dies unter der Führung skrupelloser Individuen, denen es nur um den Profit geht, den sie durch die Ausbeutung anderer herausholen.

Uns geht es darum, möglichst viel für unser Geld zu bekommen. So lassen wir uns oft blenden von Produkten, die so viel für so wenig Geld offerieren. Der Volksmund sagt: «Alles hat seinen Preis», und wenn etwas zu gut ist, «um wahr zu sein», dann ist es vermutlich genau das: zu gut, um wahr zu sein.

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Wenn man dem Verkaufspersonal Fragen stellt zur Herstellung eines Produktes und bloss einen leeren Blick zurückbekommt, dann muss man eine Entscheidung treffen. Ein Leben retten oder ein wenig Geld sparen? Ist es mir wert, dass jemand in Bangladesch zum Teil in schlimmer als schlimmen Sweat-shop-Bedingungen schuften muss, um meine «design-ramponierten» Jeans anzufertigen? Ist es mir wert, so cool zu erscheinen auf Kosten eines Tieres, das sein Leben hergegeben hat, damit die Kapuze meines neuen Mantels mit einer echten Pelz-Umrandung glänzen kann? Ist es mir wert, meine Träume unter einer mit Gänsefedern gefüllten Bettdecke zu träumen, wohlwissend, dass das Wesen, das die Federn geliefert hat, dafür Schmerz und Pein erlitten hat? 

Kann man ruhig schlafen, wenn man weiss, dass Andere zu Gunsten des eigenen Komforts ausgenutzt werden und dass man zum finanziellen Gewinn von jemandem beiträgt, der direkt mit Menschen- und Tierhandel beschäftigt ist? 

Das Leben ist ein glitschiger Abhang. Es gibt viele Fallgruben. Es gilt immer achtsam zu sein. Wir haben unsere sechs Sinne. Wir haben unsere Intelligenz. Wir haben die Fähigkeit mit anderen Wesen mitzufühlen. Wir gebrauchen diese Gaben fälschlicherweise zu unseren eigenen Zwecken. Und so machen es die meisten anderen auch. Was ist es, das uns veranlasst, Intelligenz und Mitgefühl auszuschalten, um unsere eigenen Wünsche zu befriedigen?

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Einige Leute mögen sagen, das Leben mache keinen Spass, wenn man es zu genau unter ein Vergrösserungsglass halte. Doch wenn man das Leben nicht unter einem Vergrösserungsglas anschaut, läuft man dann nicht Gefahr, sich gegenseitig auszubeuten? Sind wir nicht alle ausbeutbar? Und werden wir nicht alle auf die eine oder andere Weise ausgebeutet? Dies scheint zur Conditio humana zu gehören. Dukkha eben. Wie wäre es, wenn man die Volksweisheit beherzigen würden: «Was du nicht willst, dass man dir tu’, das füg’ auch keinem anderen zu»? Der Edle Achtfache Pfad hilft einem dabei.


Rechte Lebensart – J. Krishnamurti

Ich arbeite als Lehrer und gerate dauernd in Konflikte mit dem Schulsystem und dem gesellschaftlichen Vorbild. Muß ich die ganze Arbeit aufgeben? Wie verdient man seinen Lebensunterhalt richtig? Gibt es eine Lebensart, die nicht dauerhaften Konflikt beinhaltet?

Das ist eine ziemlich komplizierte Frage, und wir wollen uns schrittweise mit ihr befassen: Was ist ein Lehrer? Entweder vermittelt der Lehrer Informationen über Geschichte, Physik, Biologie o. ä., oder er lernt gemeinsam mit dem Schüler etwas über sich selber. Das ist ein Prozeß, durch den man den ganzen Vorgang des Lebens versteht. Wenn ich ein Lehrer bin, kein Biologie- oder Physiklehrer, sondern ein Lehrer der Psychologie, wird mich dann der Schüler verstehen, oder werden ihm meine Hinweise helfen, sich selber zu verstehen?

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Wir müssen sehr klar darstellen, was wir unter einem Lehrer verstehen. Gibt es überhaupt so etwas wie einen Lehrer der Psychologie? Oder gibt es nur Lehrer, die Tatsachen lehren? Gibt es einen Lehrer, der Ihnen helfen wird, sich selber zu verstehen? Der Fragesteller sagt, er sei ein Lehrer. Er müsse nicht nur gegen das etablierte Schul- und Erziehungssystem ankämpfen, sondern auch sein eigenes Leben ist ein andauernder Kampf mit sich selber. Muß er nun das alles aufgeben? Und wenn er das alles aufgibt, was soll er dann tun? Er fragt nicht nur, was rechtes Leben ist, sondern er will auch entdecken, was die rechte Lebensart ist.

Was ist rechtes Leben? So, wie die Gesellschaft heutzutage ist, gibt es keine rechte Art zu leben. Sie müssen Ihren Lebensunterhalt verdienen, Sie heiraten, Sie bekommen Kinder, Sie sind für sie verantwortlich, und so akzeptieren Sie das Dasein eines Ingenieurs oder eines Lehrers. Kann es überhaupt eine rechte Lebensart geben bei der Beschaffenheit unserer Gesellschaft? Oder ist die Suche nach einer rechten Lebensart nur die Suche nach einer Utopie, ein Wunsch nach mehr? Was soll man in einer Gesellschaft anfangen, die korrupt ist, die solche Widersprüche in sich trägt, in der es soviel Ungerechtigkeit gibt? Denn so ist die Gesellschaft, in der wir leben. Und ich frage mich nicht nur als Schullehrer, was ich machen soll.

Kann man in dieser Gesellschaft leben, nicht nur indem man sich mit rechten Mitteln einen Lebensunterhalt verdient, sondern kann man ohne Konflikt leben? Ist es möglich, daß man auf rechte Weise seinen Lebensunterhalt verdient und auch jedem inneren Konflikt ein Ende setzt? Sind diese beiden Dinge voneinander getrennt: auf rechte Weise einen Lebensunterhalt zu verdienen und keinen Konflikt in sich selber zu haben? Ist beides in zwei getrennten, wasserdichten Abteilungen? Oder verläuft es parallel zueinander?

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Wenn man ein Leben ohne Konflikt leben will, braucht man viel Selbstverständnis und daher viel Intelligenz. Nicht die gerissene Intelligenz des Intellekts, sondern die Fähigkeit zu beobachten, objektiv im Äußeren wie auch im eigenen Innern zu erkennen, was passiert, und dabei zu wissen, daß zwischen dem Äußeren und dem Inneren kein Unterschied besteht. Das verhält sich zueinander wie Ebbe und Flut. Kann ich in dieser Gesellschaft, die wir geschaffen haben, konfliktlos leben und gleichzeitig einen rechten Lebensunterhalt verdienen? Ist das möglich?

Worauf soll ich Nachdruck legen: auf den rechten Lebens- unterhalt oder auf die rechte Lebensart, d. h. auf die Entdeckung, wie man konfliktlos lebt? Was hat Vorrang? Hören Sie nicht nur auf das, was ich sage, um mir zuzustimmen oder anderer Meinung zu sein und dann zu sagen: »Das ist unpraktisch, es ist nicht so und nicht so«; denn es ist Ihr Problem. Wir fragen uns gegenseitig: Gibt es eine Art zu leben, die ganz natürlich den rechten Lebensunterhalt mit sich bringt und uns gleichzeitig in den Stand versetzt, ohne den Schatten eines einzigen Konflikts zu leben?

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Die Menschen behaupten, daß man so nicht leben kann, außer als Mönch in einem Kloster. Da erwarten sie, daß man für sie sorgt, weil sie dann der Welt mit ihrem Elend entsagt und sich dem Dienste >Gottes< geweiht haben, weil sie ihr Leben einer Idee, einer Person, einem Bild oder Symbol geschenkt haben.

Aber es gibt nur noch sehr wenige Menschen, die an Klöster glauben oder an die Aussage: »Ich will mich selber hingeben.« Wenn sie sich hingeben, wird es die Hingabe an ein Bild sein, das sie selber entwarfen oder das sie sich über einen anderen gemacht haben. Erst dann, wenn sie den ganzen Sinn des Lebens verstanden haben, das Beziehung und Handlung ist, können sie ein Leben ohne den Schatten eines einzigen Konflikts leben.

Was ist rechte Handlung unter allen Umständen? Gibt es so etwas? Gibt es eine rechte Handlung, die absolut und nicht relativ ist? Leben ist Handlung, Bewegung, Sprechen, Wissen erwerben und miteinander in Beziehung leben, egal, wie tief oder oberflächlich diese sein mag. Sie müssen entdecken, was rechte Beziehung ist, wenn Sie entdecken wollen, was rechte Handlung, die absolut ist, ist.

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Was für eine Beziehung haben Sie gegenwärtig zu einem anderen? Ich meine nicht die romantische, eingebildete und oberflächliche Angelegenheit, die in ein paar Minuten vorüber ist, sondern was für eine Beziehung zu einem anderen Sie in Wirklichkeit haben. Was für eine Beziehung haben Sie zu einer bestimmten Person?

Vielleicht haben sie eine Intimbeziehung mit Sex, die Abhängigkeit voneinander mit sich bringt, in der man sich gegenseitig besitzt und dadurch Eifersucht und Feindschaft weckt. Mann oder Frau gehen ins Büro oder tun irgendeine körperliche Arbeit. Dabei sind er oder sie ehrgeizig, habsüchtig, im Wettstreit, aggressiv um des Erfolges willen. Er oder sie kommt nach Hause zurück und verwandelt sich in einen zahmen, freundlichen, vielleicht zärtlichen Ehemann oder -frau. Das ist die wirkliche, die tägliche Beziehung. Niemand kann das abstreiten.

Und wir stellen die Frage: Ist das die rechte Beziehung? Wir sagen: nein, bestimmt nicht. Es wäre absurd, wollte man sagen, das wäre rechte Beziehung. Wir sagen das so hin, aber wir machen auf dieselbe Art weiter. Wir sagen, daß es nicht richtig ist, aber wir scheinen unfähig zu sein zu verstehen, was rechte Beziehung ist. Wir verstehen nur das, was mit dem Vorbild übereinstimmt, das wir uns selber, das uns die Gesellschaft gesetzt hat.

Wir mögen rechte Beziehungen wollen, sie wünschen und uns nach ihr sehnen, aber Sehnsucht und Wünsche schaffen das nicht. Wenn wir sie entdecken wollen, müssen wir uns ernsthaft damit befassen.Nehmen Sie einmal an, daß Beziehungen für gewöhnlich sinnlich sind. Dann entsteht aus der Sinnlichkeit Kameradschaft, ein Abhängigkeitsgefühl voneinander. Dann kommt es zur Gründung einer Familie, was die gegenseitige Abhängigkeit verstärkt. Sobald in dieser Abhängigkeit Unsicherheit steht, kocht der Topf über.

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Wenn man entdecken will, was rechte Beziehung ist, muß man diese starke Abhängigkeit voneinander untersuchen: Warum sind wir in unseren Beziehungen psychisch so abhängig voneinander? Sind wir es, weil wir hoffnungslos einsam sind? Sind wir es, weil wir niemandem trauen, selbst nicht unserem Mann, unserer Frau? Auf der anderen Seite schafft Abhängigkeit ein Gefühl der Geborgenheit, des Schutzes vor dieser großen Welt des Schreckens. Wir sagen: >Ich liebe dich.< In dieser Liebe gibt es immer das Gefühl, zu besitzen und in Besitz genommen zu werden.

Und sobald diese Lage bedroht ist, kommt es zum Konflikt. Das ist unsere gegenwärtige intime oder nichtintime Beziehung zueinander. Wir schaffen uns gegenseitig ein Bild und halten daran fest. Sobald Sie an einen Menschen oder an eine Idee, an ein Konzept gebunden sind, fängt das Verderben an. Wir müssen das erkennen, aber wir wollen es nicht erkennen. Können wir zusammenleben, ohne psychisch aneinander gebunden zu sein? Wenn Sie das nicht herausfinden, werden Sie immer im Konflikt leben, weil Leben Beziehung ist.

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Können wir jetzt objektiv und motivlos die Konsequenzen der Bindung beobachten und sofort davon lassen? Bindung ist nicht das Gegenteil von Ungebundenheit. Ich bin gebunden, und ich kämpfe darum, ungebunden zu sein, d. h., ich erschaffe mir das Gegenteil. Im Augenblick, in dem ich mir das Gegenteil schaffe, entsteht Widerspruch. Aber es gibt gar kein Gegenteil in Wirklichkeit. Es gibt rur das, was ich habe, nämlich die Bindung. Es gibt nur die Tatsache der Bindung, in der ich alle Konsequenzen dieser Bindung, in der keine Liebe ist, erkenne, und nicht die Suche nach Ungebundenheit.

Das Gehirn ist so geprägt, ist dazu erzogen, hat gelernt, was ist, zu beobachten und sich den Gegensatz dazu zu erschaffen: >Ich bin gewaltsam, ich muß gewaltlos werden.< So kommt es zum Widerspruch. Beobachte ich aber nur die Gewalt, ihr Wesen – nicht indem ich sie analysiere, sondern indem ich sie nur beobachte, dann wird der Widerspruch, der durch den Gegensatz entsteht, aufgehoben. Wenn man konfliktlos leben will, muß man nur mit dem umgehen, >was ist<. Alles andere ist nicht. Und wenn man auf diese Art lebt, und das ist möglich, wenn man ganz bei dem bleibt, >was ist<, dann schwindet das, >was ist<, dahin. Probieren Sie es einmal aus!

Erst wenn Sie wirklich das Wesen einer Beziehung verstehen, die nur dann existiert, wenn keine Bindung vorliegt, wenn man kein Bild voneinander hat, kommt es zu einer echten Gemeinschaft.

Rechte Handlung bedeutet präzise, genaue Handlung, die nicht auf einem Motiv gründet. Es ist eine Handlung, die weder gelenkt noch irgendeiner Sache verpflichtet ist. Das Verständnis, was rechte Handlung, was rechte Beziehung ist, führt zur Intelligenz – nicht zu der Intelligenz des Intellekts – sondern zu dieser unergründlichen Intelligenz, die weder die Ihre noch die meine ist.

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Diese Intelligenz wird Ihnen eingeben, was Sie tun sollen, um einen Lebensunterhalt zu verdienen.. Wenn diese Intelligenz da ist, können Sie Gärtner oder Koch sein. Es tut nichts zur Sache. Ohne diese Intelligenz aber wird Ihr Lebensunterhalt von den Umständen vorgeschrieben werden. Es gibt eine Lebensart, die konfliktlos ist. Weil sie konfliktlos ist, ist sie intelligent, und diese Intelligenz wird die rechte Art zu leben zeigen.

Krishnamurti – Fragen und Antworten und sein Gespräch mit David Bohm

Der Edle Achtfache Pfad

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