Anhalten und die Rosen Riechen

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Anhalten und die Rosen Riechen – Es gibt ein altes Sprichwort, das besagt, dass man sich etwas Zeit nehmen sollte, um “Anhalten und die Rosen Riechen”. Für viele ist sogar “innehalten, um die Rosen zu sehen” eine monumentale Aufgabe. Wir sind so sehr in unser eigenes armseliges, vom Ego getriebenes Leben vertieft und blähen unser elendes “Ich” immer wieder mit der Fiktion unserer Gedanken auf, dass unsere Welt auf die Größe einer getrockneten Pflaume geschrumpft ist… und dann sterben wir. Ist es das, worum es im Leben geht?

Wie viel Land braucht ein Mensch?

Es war einmal vor langer, langer Zeit, da lebte ein König in einem weit entfernten Land. Er hatte einen Minister, dessen Amt darin bestand, durch das Königreich zu reisen und die Untertanen zu besuchen. Wann immer dieser Minister bei einem Untertan zu Gast war, sollte er sich anerbieten, diesem seinen sehnlichsten Wunsch zu erfüllen.

Eines schönen Frühlingstages, es war kurz vor der Dämmerung, ergab es sich, dass der Minister an einem kleinen Bauernhaus vorbeikam, das sich in ein fruchtbares Tal schmiegte. Er sah Rauch aus dem Kamin aufsteigen und vermutete, dass das Abendessen auf dem Herd stand. Er beschloss, den Bauern in diesem kleinen Haus zu besuchen. Die Türe öffnete sich, noch bevor der Minister die Gelegenheit hatte anzuklopfen. Im Türrahmen stand ein junger Mann, noch immer in sein Arbeitsgewand gekleidet, der ihn bat, einzutreten und sein Gast zu sein.

Während die zwei Männer einen ausgezeichneten Lammeintopf verzehrten, redeten sie über viele Dinge und fanden Gefallen aneinander. Nach dem Essen, bei einem Glas eines lokal erzeugten Schnapses, verriet der Minister dem Bauern, dass er ein Vertreter des Königs sei und bemächtigt, Menschen seiner Wahl einen Herzenswunsch zu erfüllen. Er fragte den Bauern, ob er einen solchen Wunsch habe. Nachdem er seine erste Überraschung überwunden hatte, antwortete dieser: „Ja. Ich wünsche mir sehnlichst, mehr Land zu haben und einen grösseren Hof.“ Der Minister versicherte dem Bauern lächelnd, dieser Wunsch sei erfüllbar.

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Es wurde vereinbart, dass der Bauer am nächsten Morgen bei Sonnenaufgang aufbrechen und die Grenzen des gewünschten Landes abstecken sollte. Dabei gab es nur zwei Bedingungen zu erfüllen – er musste die Grenze alleine, ohne fremde Hilfe, abschreiten und er musste vor Sonnenuntergang wieder zu Hause sein. Andernfalls würde das ganze Angebot nichtig. Der Bauer war mit diesen Bedingungen einverstanden; er wollte ja nicht viel, nur ein wenig mehr Land für seinen Hof. Minister und Bauer bekräftigten die Vereinbarung mit einem Handschlag und legten sich schlafen. Der Minister im Bett des Bauern, der Bauer im Heuschober.

Der Bauer schlief nicht viel in dieser Nacht. Er war damit beschäftigt, sich auszudenken, was er alles einpacken und mitnehmen wollte, um die zukünftige Grenze zu markieren und sich unterwegs zu verpflegen. Dann stellte er sich Gestalt und Beschaffenheit des Lands vor, das bald sein Eigentum sein würde. Er malte sich aus, was er alles gewinnen würde mit einem grösseren Stück Land: etwas mehr Weidefläche, mehr Obstbäume, mehr Gemüsefelder. Er wollte nicht viel, nur ein wenig mehr von allem. Er rechnete damit, lange vor Sonnenuntergang wieder zurück zu sein. Voller Freude fiel er schliesslich in einen leichten Schlummer.

Der Hahn begrüßte den Sonnenaufgang mit seiner üblichen Begeisterung. Doch der Bauer hatte bereits gefrühstückt und sich vom Minister verabschiedet, ehe der Hahn seinen Morgengruß beendet hatte. Er nahm sich vor, zuerst ungefähr zwei Stunden lang nach Süden zu marschieren, dann ebenso lang nach Westen, nach Norden, nach Osten. So würde er rechtzeitig vor Sonnenuntergang wieder zu Hause sein. Vor ihm lag fruchtbares Grassland, so weit sein Auge reichte. „Dies wird meine neue Weide“, sagte er zu sich selbst.

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Er stellte sich vor, wo die neuen Ställe für die Kühe, die Schafe und die Ziegen stehen würden. Er war glücklich und beschleunigte seinen Gang. Er beschloss, das ganze Tal weiträumig zu umrunden und beim Zaun seines Nachbarn die Richtung zu ändern. Der neue Landbesitz würde es ihm wahrscheinlich ermöglichen, einen Teil davon seinem Nachbarn zu verkaufen, um die neuen Ställe für die zukünftige Rinderherde zu bezahlen. Am besagten Zaun angekommen, schlug er einen Pfahl in den Boden und wandte sich nach Westen. Die Sonne schien in seinem Rücken, der Schatten vor ihm war ziemlich lang. Der Tag war noch jung.

Der Marsch durch das dichte Gras dauerte etwas länger als erwartet, und als der Bauer eine Strasse erreichte, die von Norden nach Süden ging, war sein Schatten deutlich kürzer. Er schlug einen zweiten Pfahl ein und folgte der Strasse nach Norden. Er beschleunigte seinen Schritt und überlegte, dass er an dieser Strasse einen kleinen Lebensmittelladen bauen könnte; dies käme ihm selbst und seinen Nachbarn zugute. Und dort wäre ein guter Platz für einen Jahrmarkt; und dort genügend Raum für einige Häuser für die Arbeiter, die er auf dem erweiterten Hof benötigen würde.

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Mit dem Einkommen aus dem Lebensmittelgeschäft, dem Jahrmarkt und den Mieten der Arbeiter könnte er sein eigenes Haus vergrössern. Nichts stand seinem Plan im Wege. Der Schatten wurde allmählich kürzer. Auf einem Hügel angekommen, hielt der Bauer einen Moment lang inne, um Atem zu holen und etwas Wasser aus seiner mitgebrachten Flasche zu trinken. Er schaute nach Osten und war freudig überrascht, wie weit er bereits gekommen war. In der Ferne sah er das Dach seines Hofes. „Es geht gut“, dachte er, „aber ich darf keine Zeit verlieren. Ich muss noch bis zum See gehen und dann nach Osten marschieren.“ Einige Nachbarn überholten ihn auf ihren Traktoren. Sie offerierten ihm einen Platz, aber er schlug das Angebot natürlich aus. Er musste dies alleine tun. Sein schneller Gang war in einen leichten Laufschritt übergegangen. Der Schatten war nicht mehr zu sehen.

Der nahe See glitzerte im Sonnenlicht. Es musste gegen Mittag sein, dachte der Bauer. Bald würde er einen kurzen Halt einlegen, sich im Wasser abkühlen und etwas essen. Er wurde müde. Er brauchte eine Rast. Am See angekommen, schlug er einen Pfahl ein und eilte dem Ufer entlang weiter nach Norden. Er suchte den Weg, der vom See weg nach Osten führte. Es war derselbe Weg, den die Fischer benutzten, um zum See zu gelangen. Nun gehörte ein Teil dieses Sees ihm.

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Die Fischer würden ihm etwas bezahlen müssen, wenn sie in diesem Teil fischen wollten. Er könnte einen Steg bauen und vielleicht sogar eine Fähre zum anderen Ufer einrichten. Der Fischer-Klan würde seine Konditionen sicher akzeptieren, wenn nicht, würde er den Fischern anbieten, sie in seiner neuen Fähre ans andere Ufer zu fahren, um dort zu fischen. Selbstverständlich gegen eine Gebühr. Er würde sehr reich sein. Vielleicht reich genug, um in den Königspalast eingeladen zu werden. Vielleicht reich genug, um einen Adelstitel zu erwerben.

Als er den Pfahl einschlug, der die Nordgrenze seines „Reiches“ markieren sollte, stellt er leicht beunruhigt fest, dass sich sein Schatten nun rechts von ihm befand. Die Sonne hatte ihren Zenit überschritten und begann ihre absteigende Bahn. Es gab keine Zeit für ein gemütliches Mittagsmahl, keine Zeit für ein kühlendes Bad. Er musste weiter. Er drehte nach Osten und folgte dem Weg ins Tal hinunter. Nun rannte er. Der Weg war schmal. Da und dort verlor er sich zwischen den Bäumen oder war völlig überwuchert. Der Bauer stolperte über Wurzeln, verfing sich im Gestrüpp und zog sich einige Prellungen und Kratzer zu. Die Nachmittagsonne brannte heiss. Er trank den Rest des Wassers. Wie dumm, dass er die Flasche im See nicht aufgefüllt hatte. „Macht nichts“, dachte er, „bald habe ich mein Ziel erreicht. Bald habe ich alles, was ich mir immer wünschte.“ Sein Schatten folgte ihm immer frecher.

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Als er den Punkt erreichte, wo der Weg die nordsüdliche Hauptstrasse erreichte, die zum Schloss führte, war der Schatten schon sehr lang. Der Bauer wusste sich nah am Ziel. Er musste nur noch dieser Strasse folgen, bis zum Weg, der ihn direkt zu seinem Haus zurückführen würde. Er rannte, verlangsamte seinen Schritt, um Atem zu holen, und rannte wieder, so schnell er konnte. Nun kümmerte er sich nicht mehr um das Land, das er „besass“, nun sorgte er sich mehr um das Land, das er nicht besass. Er hatte im Sinn gehabt, weiter nach Süden zu gehen, bis zum Zaun seines Nachbarn, um dann von dort aus direkt zum Ausgangspunkt seiner Reise zu gelangen. Das war nun nicht mehr möglich. Die Zeit wurde knapp.

Er konnte nicht seinen ganzen Traum erfüllen. Er musste sich sputen, um vor Sonnenuntergang zu Hause zu sein. Er durfte sich jetzt nicht über das Unerreichte sorgen, sondern musste beschützen, was er bereits erreicht hatte. Er rannte keuchend vorwärts. Seine Lungen drohten zu zerspringen. Der Durst war enorm. Er sah nur noch den engen Pfad vor sich. Er stolperte mehrmals über versteckte Wurzeln und Steine auf dem Weg. Er rannte weiter. Schliesslich erreichte er, zerschunden und erschlagen, müde und hungrig sein Haus, wenige Minuten bevor die Sonne am Horizont versank. Seine ausgetrocknete Kehle erlaubte ihm nur einen schwachen Schrei: „Ich hab‘s geschafft“, dann fiel er zu Boden. Der Minister eilte ihm zu Hilfe. Es war zu spät. Der Bauer war tot.

„Wie viel Land braucht ein Mensch“, sinnierte der Minister, während er zuschaute, wie die Nachbarn ein 1 Meter breites, 2 Meter langes und 2 Meter tiefes Loch aushoben, um den Körper des Bauern darin zu begraben.

Only Be Still

„Only be still, and in the silence grow“,
If thou art seeking what the gods bestow.
This is the simple, safe, and certain way
That leads to knowledge for which all men pray Of higher laws to govern things below.

But in our restless discontent we go
With noisy importuning day on day— Drowning the inner voice that strives to say „Only be still, and in the silence grow“.

We doubt, we cavil, and we talk of woe—
We delve in books, and waste our forces so;
We cling to creeds that were not meant to stay, And close our ears to Truth’s immortal lay.
Oh wouldst thou see, and understand, and know? „Only be still, and in the silence grow“.

Ella Wheeler Wilcox

Sei einfach still

„Sei einfach still und wachse in der Stille“,
wenn du das suchst, was die Götter bescheren.
Das ist der einfache, sichere und zuverlässige Weg,
der zur Kenntnis führt, um die alle Menschen beten,
von höheren Gesetzen, welche die Dinge unten regieren.

Aber in unserer ruhelosen Unzufriedenheit gehen wir lärmend fordernd durch die Tage –
ertränken die innere Stimme, die danach strebt zu sagen: „Sei einfach still und wachse in der Stille.“

Wir zweifeln, wir nörgeln, wir wehklagen –
Wir vergraben uns in Büchern und vergeuden unsere Kraft damit;
wir klammern uns an Überzeugungen, die keinen Bestand haben,
und verschliessen unsere Ohren für das unsterbliche Lied der Wahrheit. Oh, möchtest du sehen, verstehen und wissen?
„Sei einfach still und wachse in der Stille.“

Ella Wheeler Wilcox

Frogtalk

Walking through the garden the other day.
I came upon a patch of tulips, at play.

Some were new and some were old.
Some were shy and some were bold.
Some were rose and some were gold.
All living together in the mould.

Stopping to watch the tulips in their breezy dance
I noticed a number of bees, by chance.

Some were new and some were old.
Some were shy and some were bold.
Some were black and some were gold.
Dancing with the tulips
A sight to behold.

Puzzled, I sat
The green grass being my mat.
The dancing tulips and bees
Had no notice of me.

Different worlds, I said
To the other that lives in my head.
And while waiting for the other’s consoling reply
Heard instead the words of a frog sunning nearby.

“The dance is free for all to partake
For there is really nothing at stake.
There is only one thing we implore
Please leave your ‘me’ at the door.”

-robert

Froschweisheit

Auf dem Gang durch den Garten neulich, traf ich auf ein Beet voller Tulpen im Spiel.

Einige waren neu, einige waren alt.
Einige waren scheu, einige waren keck. Einige waren rosig, einige waren golden Alle lebten zusammen im fruchtbaren Boden.

Still betrachtete ich der Tulpen luftigen Tanz und bemerkte zufällig einige Bienen.

Einige waren neu, einige waren alt.
Einige waren scheu, einige waren keck. Einige waren schwarz, einige waren golden. Sie tanzten mit den Tulpen.
Ein wahrhaft schöner Anblick!

Verwundert liess ich mich nieder, das grüne Grass war meine Matte. Die tanzenden Tulpen und Bienen beachteten mich nicht.

„Verschiedene Welten“,
sagte ich zum anderen, der in meinem Kopf lebt.
Und während ich auf die tröstende Antwort des anderen wartete,
hörte ich stattdessen die Worte eines sich sonnenden Frosches in der Nähe:

„Der Tanz ist für alle zum Mittanzen da, denn es gibt wirklich nichts zu verlieren. Es gibt nur eines, worum wir flehen: Lass dein ‚Ich‘ vor der Türe stehen.“

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Ein Interview mit Rinzai

Moderator (M): „Heute haben wir den berühmten Zen-Meister Rinzai zu Gast. Für diejenigen, die nichts von diesem aussergewöhnlichen Menschen wissen, geben wir hier eine kleine Einführung:

Rinzai Gigen (chin. Lin-chi I-hsüan) verliess seine Familie in sehr jungen Jahren, um Buddhismus zu studieren. Er wurde von verschiedenen Lehrern gefördert und gilt als der Hauptnachfolger des grossen Meisters Huang-po (jap. Obaku). Im Jahr 851 übernahm er den auf dem Berg Hebei gelegenen Lin-chi-Tempel. Dies verlieh ihm seinen Namen. Er gründete eine Zen-Schule, die ebenfalls unter diesem Namen bekannt wurde. Die Rinzai-Zen-Schule vereinigt in sich alle typischen Merkmale des chinesischen Ch‘an-Buddhismus, der von Bodhidharma (†532) gesät wurde und unter Hui-neng (†713) Eigenständigkeit gewann. Ihr Charakter ist gekennzeichnet durch grosse Spontaneität und eine unorthodoxe Auffassung der buddhistischen Lehre. Die Dialoge zwischen Rinzai und seinen Lehrern oder Schülern sowie seine öffentlichen Ansprachen fanden ihren Niederschlag in zahlreichen Chroniken und Anekdoten. Die bekannteste Sammlung trägt den schlichten Namen Lin-chi-Lu, was als „Bericht von Rinzai“ übersetzt werden kann. Das folgende Interview gibt einen kleinen Geschmack davon.

M: „Wir heissen Sie, Meister Rinzai, herzlich willkommen zu unserem Gespräch. Es freut uns sehr, dass Sie die Zeit gefunden haben, heute mit uns zusammenzusein.“

R: „Vielen Dank für die Einladung. Ich würde es vorziehen, wenn Sie mich nicht „Meister“ nennen würden. Ich habe nichts ‚gemeistert‘; deshalb ist der Titel irreführend.“

M: „Sie haben einmal gesagt: Die ‚Aktivität des Geistes‘ und die ‚Essenz des Geistes‘ seien nicht verschieden. Was bedeutet diese Aussage?“

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R: „Im Moment, wo Sie eine solche Frage stellen, besteht bereits eine Differenz; die Essenz des Geistes und die Aktivität des Geistes sind getrennt. Lassen Sie sich nicht täuschen! Kein einziges Ding in diesem Universum hat ein eigenes Wesen oder sonst eine eigenständige Natur. Sie haben nur leere Namen und selbst der Begriff ‚leer‘ ist leer. Die Menschen aber halten diese wertlosen Namen für wirklich. Das ist ein grosser Fehler.“

M: „Sie meinen, weil wir diese Namen für wirklich halten, verleihen wir ihnen eine Eigennatur, ein fassbares Wesen, und trennen uns dadurch von der Essenz?“

R: „Um es noch einmal zu sagen: Sie halten diese wertlosen Namen für wirklich. Auch wenn es diese Namen gibt, sie stehen nur für die flüchtigen Zustände der Existenz, die sich, von den Umständen bedingt, dauernd wandelt. Dazu gehören auch alle Begriffe wie Bodhi, Nirvāna, Befreiung, Weisheit, Buddhaschaft oder Subjekt und Objekt. Was sucht man in diesen relativen Erscheinungen?“

M: „Das klingt ja so, als ob das ‚Suchen‘ der Grund für die Trennung von der Wirklichkeit sei.“

R: „Wenn man dem Buddha nachjagt, wird man vom Buddha-Teufel gepackt. Wenn man die Patriarchen sucht, wird man vom Patriarchen-Wahn gefangen. Was auch immer man sucht, es führt zur Qual.“

M: „Ihre Worte scheinen recht radikal. Die allgemeine heutige Weisheit sagt doch, man sollte Buddhaschaft oder Bodhisattvaschaft usw. zu erreichen suchen.“

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R: „Es gibt eine Schar unwissender Priester, die zu ihren Anhängern sagen, Buddha sei der Höchste. Um vollkommene Erleuchtung zu erlangen, müssten sie während vieler Lebensspannen asketisch leben und praktizieren. Doch wenn man sagt, Buddha sei der Höchste, warum hat er sich dann nach achtzig Jahren in Kushinagara zwischen zwei Salabäume gelegt und ist dort gestorben? Wo ist der Buddha jetzt? Wir sollten deutlich verstehen, dass seine Geburt und sein Tod kein bisschen anders sind als unsere eigene Geburt und unser eigener Tod.“

M: „Aber es wird doch gesagt, der Buddha habe sechs übernatürliche Kräfte?“

R: „Fantastisch! Alle Halbgötter, Unsterblichen, Dämonen und mächtigen Teufel haben übernatürliche Kräfte. Sind sie deshalb auch Buddhas?“

M: „Sagen Sie, der Buddha habe keine übernatürlichen Kräfte?“

R: „Dieser Bergmönch sagt, dass alle Kräfte auf vorausgegangenem Karma beruhen, sie sind alle abhängig von etwas. Die sechs übernatürlichen Kräfte Buddhas sind anders. Sie bedeuten: In den Bereich der Formen einzutreten, ohne von den Formen getäuscht zu werden; in den Bereich des Klangs einzutreten, ohne vom Klang getäuscht zu werden; in den Bereich des Geruchs einzutreten, ohne vom Geruch getäuscht zu werden; in den Bereich des Geschmacks einzutreten, ohne vom Geschmack getäuscht zu werden; in den Bereich der Berührung einzutreten, ohne von der Berührung getäuscht zu werden; in den Bereich des Dharma einzutreten, ohne vom Dharma getäuscht zu werden.“

M: „Das erinnert mich an das, was jemand anderes einst sagte: ‚In dieser Welt sein, aber nicht von dieser Welt sein.‘“

R: „Form, Klang, Geruch, Berührung, und Dharma – alles ist leer. Sie können den unabhängigen Menschen auf dem Weg nicht fesseln. Das ist die übernatürliche Kraft, auf dieser Erde zu gehen.“

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M: „Wenn ich ein Geräusch oder einen Ton höre, versucht mein Geist sofort, dafür einen Namen zu finden. Ich wühle in meinem Gedächtnis auf der Suche nach dem entsprechenden Muster, dem passenden Wort. Dabei bin ich unsicher, manchmal frustriert. Der Klang ist längst vorbei, aber ich versuche immer noch, ihn in eine mentale Schablone zu zwängen. Während ich so in Gedanken gefangen bin, bin ich nicht ‚der unabhängige Mensch auf dem Weg‘. Ich bin abgelenkt von meiner mentalen Aktivität. Ich bin nicht mehr in der Welt der Klänge, sondern in meinem Kopf. Getrennt, aufgespalten.“

R: „Wer echtes Verstehen haben will, soll sich einfach nicht von anderen irreführen lassen. Ob innen oder aussen, was immer dir begegnet, töte es! Wenn du einem Buddha begegnest, töte den Buddha; triffst du einen Patriarchen, töte den Patriarchen; begegnest du einem Heiligen, töte den Heiligen. Wenn du deinen Eltern begegnest, töte deine Eltern. Triffst du auf deine Verwandten, töte deine Verwandten. So wirst du frei. Von nichts gebunden, kannst du dich frei bewegen.“

M: „Sie sagen also, dass es nichts dergleichen wie einen Buddha, Patriarchen oder Eltern gibt. Dass dies nur Worte und Ideen sind, an denen wir festhalten. Wenn wir diese Ideen nicht ‚töten‘, können wir nie die Wirklichkeit der Person sehen, die gerade vor uns steht. Ich gebe ihr einen Titel und stülpe ihr alle meine Vorstellungen von diesem Titel über. Damit erfahre ich diesen Menschen nie direkt. Ich lebe in meinen Erinnerungen und nicht in diesem gegenwärtigen Augenblick. Ich befinde mich in meiner eigenen mentalen Welt und nicht in der Wirklichkeit, die nicht-mental ist.“

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R: „Wer das Heilige liebt und das Weltliche hasst, wird im Meer von Leben und Tod versinken. Alle Täuschungen sind vom Denken abhängig. Wer frei vom Denken ist, kann von den Täuschungen nicht irregeführt werden. Ohne sich um Unterscheidungen zu kümmern oder an Formen zu haften, findet man den Weg ganz natürlich und sofort.“

M: „Es gibt Leute, die sagen, es gäbe einen Weg zu praktizieren und ein Dharma zu verwirklichen.“

R: „Welchem Weg wollt ihr folgen und welches Dharma wollt ihr realisieren? Was fehlt euch gerade jetzt? Was muss repariert werden? Die jungen Gelehrten verstehen diesen Punkt nicht. Sie glauben denen, die sich wie wilde Füchse in dunkle Höhlen verkriechen, und erlauben ihnen, Unsinn zu verbreiten und andere Menschen zu fesseln mit Behauptungen wie: ,Die Buddhaschaft ist nur zu erreichen, wenn man Praxis und Lehre in Übereinstimmung bringt, usw‘. Leute, die so reden, sind so zahlreich wie Tropfen im Frühlingsregen. Einer unserer Vorfahren sagte: ‚Wenn du einem bedeutenden Vertreter des Weges auf der Strasse begegnest, sage nichts vom Weg.‘ Ein anderer sagte es in diesem Vers:

Wenn du den Weg praktizieren willst,
funktioniert der Weg nicht,
und unzählige falsche Vorstellungen wetteifern um die Vorherrschaft.
Wenn jedoch das Schwert der Weisheit aufblitzt, bleibt nichts übrig.
Schon bevor die Helligkeit zu sehen ist, ist das Dunkle hell.

Aus diesem Grunde sagte einer der Alten: ,Der alltägliche Geist ist der Weg‘.“

M: „Der ‚alltägliche‘ Geist ist nichtsuchender Geist. Er jagt keiner Praxis, keinem Training nach und sucht nicht nach sich selbst. Er ist einfach. Und weil er einfach ist, wird er alltäglich oder gewöhnlich genannt.“

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R: “Der unabhängige Mensch, der gerade jetzt meinen Worten zuhört, leuchtet klar und es fehlt ihm gar nichts. Wer dies deutlich erkennt, unterscheidet sich nicht von den Buddhas und Patriarchen. Es gibt nichts mehr zu zweifeln. Wenn der Geisteszustand unverändert bleibt, dann gibt es zwischen seiner Aktivität und seiner Essenz keine Differenz. Wenn der Geisteszustand hingegen dauernd variiert, dann weichen Aktivität und Essenz voneinander ab.“

M: „Die geistigen Variationen sind unsere leeren Worte, Meinungen, Ideen, Traditionen, Glaubenssätze. Unsere mentalen Spiele. Sie sichern unser psychologisches Überleben. Wir leben in diesen Spielen und das ist unsere Wirklichkeit. Sie haben Wirkung, aber wirklich sind sie nicht. Wir suchen aussen, aber aussen ist es nicht. Wir suchen innen, aber innen ist es nicht. Ob innen oder aussen, das ist nicht die Frage. Die Frage ist: “Warum suchen wir?‘ Suchen hat ein Ziel. Was ist das Ziel anderes als selbst fabrizierter Kuhmist? Wenn man suchen muss, dann suche man weder innen noch aussen.“

R: „Durch das Festhalten an den eigenen Ideen schafft man sich Hindernisse, die dem Geist seine ursprüngliche Freiheit rauben.

Wenn es keine Wolken um die Sonne gibt, dann leuchtet das Licht überall.
Wenn es keine Trübungen im Auge gibt,
gibt es keine eingebildeten Blumen in der Luft.

Einer der Alten sagte: ‚Sobald du eine Sache benennst, hast du sie verpasst.‘ – Schaut einfach in euch selbst hinein. Was gibt es anderes? Ich kann ewig so zu euch sprechen. Aber jeder muss es selber tun. Passt gut auf euch auf!“

M: „Vielen Dank Rinzai. Ich hoffe, Sie werden wieder einmal Zeit haben, um uns zu besuchen.“

R: „Wenn die Zeit reif ist.“

Pillow talk

„Just look into yourself“, said i to me.
„And just what do you expect to see?“ it answered with glee.
And just so our conversation began.

Together we ran through labyrinth of thought, unbounded,
through theories, beliefs, likes and dislikes unfounded.

We were perfectly matched my partner and i.
Whenever i tripped on a negative instance,
my partner would come to my assistance.
And when he did the same,
i would point out that he was not to blame.

Oh, what a fine time we had,
our discoveries were so grand.
„We must do this again“, said i.
„Yes, yes“, said he to me,
„in no time we shall be free and on that we can both agree.“

robert

Zweisamkeit

„Schau einfach in dich selbst hinein“, sagte ich zu mir.
„Und was genau erwartest du zu sehen?“, antwortete es vergnügt. Und so begann unsere Unterhaltung.

Zusammen rannten wir durch das Gedankenlabyrinth, das Unermessliche,
durch Theorien, Überzeugungen, Vorlieben und Abneigungen ohne Grund und Boden.

Wir passten vollkommen zusammen, mein Partner und ich.
Wann immer ich auf eine negative Instanz traf, eilte er mir zu Hilfe.
Und wenn ihm dasselbe geschah, wies ich darauf hin, dass es nicht seine Schuld war.

Oh, welchen Spass wir zusammen hatten,
unsere Entdeckungen waren toll.
„Das müssen wir wieder einmal machen“, sagte ich.
„Ja, ja“, sagte er zu mir, „und im Handumdrehen sind wir frei, und darin sind wir uns beide einig.“

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Anhalten und die Rosen Riechen
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